Wir schauen in die Röhre

Die Weltwoche hat in ihrem kostenlosen Podcast einen schönen Beitrag zur aktuellen Fernsehlandschaft. Unter dem Strich sieht's in etwa so aus: Kino ist langweiliges Eyecandy und vom Fortsetzungswahn renditeangstgequälter Studiobosse versaut. Erzählt wird im TV, allen voran die innovativen Jungs vom Bezahlfernsehen HBO, deren Produktionen wie "Six feet under" allemal Grammys abräumen. Was dazu führt, dass die anderen grossen Networks wie Fox ihrerseits an der Qualität schrauben müssen.

Nur Deutschland schaut in die Röhre, was gemäss den Autoren auf eine nicht ausreichend ausgeprägte Theatervielfalt im Spätmittelalter zurückzuführen ist. Und wegen Kant, dem alten Räsonneur. So das Fazit nach einem schönen Rückblick auf bald 60 Jahre Serien im Fernsehen, das mit "bebilderten Radioshows" wie so oft einfach ein älteres Medium inkorporierte.

Was fehlt, ist lediglich der Hinweis auf die Tatsache, dass eingekaufte Serien nun mal viel billiger sind als selber produzierte. Ob die Aussicht auf Erfolg im eigenen Land mit hoch budgetierten, eigenen Serienformaten irgendwann mal in der deutschen Fernsehlandschaft zu Licht am Ende der einfallslosen Billigproduktionen führt, bleibt abzuwarten.

Die Banalität des Belanglosen

Was soll man schon erwarten, wenn ein Filmemacher einen lustigen Hitlerfilm ankündigt? Am besten gar nichts.

Der neue Film von Dani Levy ist genauso überflüssig wie belanglos. Wurde der Film von Levy als Reaktion auf den Untergang angekündigt, so durften die Erwartungen doch hoch sein. Der «Untergang» ist zwar auch überflüssig, aber dafür war er gut gemacht. Die Erwartung, welche man also zurecht an den unterhaltsamen Hitlerfilm stellen durfte, muss also hoch sein. Dass man mit einem unterhaltsamen Film über Hitler mit anderen Filmen, wie Chaplins «Great Dictator» oder Lubitschs «To be or not to be»verglichen wird, ist absehbar. Die Messlatten liegen mit dem Lubitsch Film natürlich sehr hoch.

Nun war man also gespannt, wie der Basler Filmemacher sich dem Thema nähert. Als erstes wurde bekannt, dass Hitler von Helge Schneider verkörpert werden soll. Der Perfomer von unsäglichen Liedern wie «Katzenklo» hat ja auch schon einige Filme realisiert (unter anderem einen mit dem Enfant Terrible Christoph Schlingensief).

Dass sich Dani Levy schlussendlich darüber empört, dass die Feuilletons seinen Hitlerfilm als zu wenig beissend empfinden, erstaunt dann aber doch. Die Charaktäre bleiben mehrheitlich flach, die Story wirkt zusammengeschustert und ist dramaturgisch eher schwach. Die Witze des Films beschränken sich auf ein Wiederkäuen bereits gemachter Scherze (Levys «Heil dich selbst» ist wesentlich unlustiger als in Lubitschs Film 62 Jahre zuvor) und auf Sampeln von Klischees und Zoten.
In jedem beliebigen «American Pie» werden zotige Scherze professioneller in Szene gesetzt. Wenn die eigentlichen Pointen auf Witze beschränkt werden, die sich vorallem an ein pubertäres Publikum richten (Hitler wird von Blondi bestiegen; H. ist Bettnässer; H. kriegt keine Erektion; der jüdische Protagonist hat den selben Vornamen wie H.; Hitlers Schnauz wird abgeschnitten; Speer ist homosexuell) dann darf man den Film schon als schwach bezeichnen.
Selbst billigste Klischees werden bedient. Gerade, dass Levy nicht auch noch eine Klezmerband in die unzusammenhängende Story eingefügt hat. Doch als Ausgleich dafür darf Helge Schneider als Hitler auch einmal am Klavier sitzen und singen.

Wenn Levy an der Basler Premiere seinen schwachen Film damit entschuldigt, dass er mit seiner Komödie misshandelte Kinder thematisieren wollte, dann wirkt das, als wäre er selbst mit seinem Film nicht zufrieden.
Wenn Levy dann noch anfügt, dass die "schwere Kindheit" Hitlers sicher eine "Erklärung" für seine Verbrechen sei, aber ganz sicher keine "Entschuldigung", spätestens dann wird die ganze Sache auch für den Premierengänger peinlich.

Diesen Film sollte man besser gleich wieder vergessen.


Pomos über alles seit dem Barock bis heute.

archiv

April 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 

suche

 

aktuell

Vienna Underground
Love and Security from A.activites on Vimeo. Damage...
kulturindustrie - 9. Dez, 15:45
the 9 to 5 out of the...
Und hier die Lyrics.
kulturindustrie - 1. Apr, 15:42
Scope Opening Party in...
Gross angekündigt als gratis, und dann wegen Wetter...
Phex - 17. Jun, 13:34
Chag Sameach
Schönes Pessach ;)
kulturindustrie - 20. Apr, 18:18
Jetzt neu: Langspielfilme...
Wir beginnen diese grossartige Serie mit einem grandiosen...
kulturindustrie - 20. Mär, 00:04
Damage mit dem Feuerlöscher
Prince 85 "Heaven" - 王子 八+五 from prince on Vimeo. via...
kulturindustrie - 8. Mär, 18:53
I have one speed, I have...
Wer noch nicht mitbekommen hat, dass Charlie Sheen...
kulturindustrie - 7. Mär, 17:16
Eine Perle, gefunden...
Meine Freunde des guten Geschmacks, ich hab den Burner...
kulturindustrie - 28. Feb, 21:44

status

Online seit 6644 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 9. Dez, 15:45

respect


Gucken
Hören
Ist das jetzt Kunst, oder was
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren